Ziele |
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Pastorale Aspekte |
Literatur – ganz allgemein – erhellt Lebensthemen und lädt zum Dialog ein. Im Lesen wird der Mensch befähigt, in Beziehung zu treten. Wenn also die Kirche hier einen Raum bietet, eröffnen sich Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zwischen Menschen und Kirche, aber auch zwischen Lebenswelt und Evangelium. Die Einbindung einer Bücherei in die Pastoral einer Pfarre stellt daher eine große Chance dar, zumal in der heutigen Gesellschaft Glaube und Leben vielfach getrennt werden. Eine pfarrliche Bibliotheksarbeit kann daher eine Brücke darstellen, diese Bereiche zusammenzubringen. Ein großes Informationsangebot braucht fachkundige Orientierungshilfe. Wir alle sind überflutet mit Informationen, die von den verschiedensten Medien transportiert werden. Die entscheidende Frage ist, wie man aus dieser Fülle die richtigen Informationen auswählen kann. Eine kirchliche Trägerschaft erhält dabei die Chance, - um nicht zu sagen, sie fällt ihr in den Schoß, - Werte zu vermitteln. Ein gut sortiertes und nach christlichen Werten ausgewähltes Angebot kann Medien zum Einsatz bringen, die in bestimmten Lebenslagen Orientierung am Glauben und Hilfe zur Sinnfindung bietet.
Für die Pfarre kann die Bibliothek zu einer Drehscheibe der Kommunikation werden, die durch ihre Leserschaft Menschen erreichen kann, die außerhalb der Pfarre stehen. Die Praxis zeigt, dass nicht selten vor allem Kinder und Jugendliche zu den Stammlesern gehören. Eine Bibliothek kann in der Lage sein, durch seriöse Sachinformation zu einem wertvollen und wichtigen Ratgeber bei Fragen der Erziehung, der Gestaltung von Familienfesten und dem Umgang mit dem Älterwerden zu werden. Das Leben einer Pfarre kann somit entscheidend mitgeprägt werden. Pfarrliche Bibliotheken können mit ihrem fachspezifischen Angebot und ihrem Service die pastorale Arbeit von Tischmüttern und Firmhelfern, von in der Jugend-, Familien- und Seniorenarbeit Engagierten unterstützen und begleiten. Menschen können in der pfarrlichen Bibliothek einen Aspekt einer offenen und hilfsbereiten christlichen Gemeinde erfahren, der ihnen den Weg zu Christus und zur Gemeinschaft im Glauben finden lässt. Bibliotheken in kirchlicher Trägerschaft haben Anteil an der christlichen Glaubensbildung. Religiöse und theologische Bücher, aber auch auf christlicher Grundhaltung fußende Literatur können eine gute und einladende Hinführung zum christlichen Glauben sein. Besonders im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur sind sie wichtige Anbieter, diese Zielgruppen mit religiösen Inhalten und Werten vertraut zu machen. |
Bücherei und Erwachsenenbildung |
Anfang der Siebzigerjahre fand sich in einem burgenländischen Dorf eine Handvoll junger Erwachsener, um daranzugehen, die Zweigstelle der Landesvolksbücherei zu neuem Leben zu erwecken. Mit Unterstützung der Förderungsstelle des Bundes wurde ein Konzept entwickelt, man konnte den Bürgermeister von der Notwendigkeit einer attraktiven Bücherei überzeugen. In mühevoller Überzeugungsarbeit wurde ein Gemeinderatsbeschluss zur Gründung einer Gemeindebücherei herbeigeführt. Es gelang, einen geeigneten Raum in der Schule zu finden. In Eigeninitiative wurde er geschmackvoll ausgestaltet und eingerichtet, befreundete Handwerker halfen bei den notwendigen Arbeiten mit, Geschäftsleute wurden ersucht, Bücher zu spenden. Ortsansässige Künstler berieten bei der Ausgestaltung des Raumes. Im Gemeindeamtsblatt wurde die Neueröffnung angekündigt, eine Postwurfsendung an jeden Haushalt erfolgte. Im festlichen Rahmen wurde die Bücherei durch den Kulturlandesrat eröffnet. Ein Artikel in einer lokalen Kulturzeitschrift erschien mit dem Titel „Die Fenster leuchten hell“. Ein Budget war erstellt worden, ausgedehnte Öffnungszeiten konnten angeboten werden. Mit Hilfe des PEN-Clubs veranstaltete man Autorenlesungen. Die Ortsbanken sponserten die Honorare. Örtliche Erwachsenenbildungseinrichtungen ersuchten um Benutzung der Bücherei im Rahmen der Möglichkeiten. Ein attraktives Kulturzentrum für den Ort war entstanden. Soweit die Erzählung aus dem pannonischen Dorf, das es wirklich gibt. Auch die Geschichte entspringt nicht der Phantasie, sondern hat sich tatsächlich zugetragen.
Ein Land der Idylle? Färbt diese Idylle auch auf den bibliophilen Menschenschlag dieser Grenzregion ab? Das Land hatte viel aufzuholen, bildungsmäßig war es lange unterentwickelt; und es setzte relativ spät, erst während der Siebziger- und Achtziger-Jahre des 20. Jahrhunderts, eine Art Kulturoffensive ein. Behutsam wie die Landschaft, ja bedächtig und beinahe verschämt hat sich dieses Land zum Reigen der übrigen Bundesländer gesellt. Und ebenso zaghaft entfaltete sich auch das Bildungssystem. Wer dieses Land morgens erlebt, wenn sich am Horizont ein schmaler Lichtstreifen outet, ist an die bescheidenen, aber beharrlichen Versuche erinnert, die eine Wende herbeiführen. Natürlich ist der Gabentisch an Feldfrüchten, Wein, Obstkulturen, Schnapsbrennereien und Martiniganseln reichlicher gedeckt als jener der Oasen von Buchkulturen, fehlt es doch weitgehend an Akzeptanz in den Herzen und Hirnen der Ortspolitiker, deren Sorgen pragmatischerer Art sind.
Die Bibliothekslandschaft des Burgenlandes
Bücherei und Erwachsenenbildung In der vernetzten Gesellschaft ist es wichtig, dass Erwachsenenbildung neue Perspektiven entwickelt und offenkundige Diktate einer um sich greifenden Globalisierungsgläubigkeit kritisch hinterfragt. Im Bildungsverständnis des „lebenslangen Lernens“ muss ein über neue Methoden und didaktische Technologien und Projekte hinausgehendes Weiterentwickeln qualitativer Inhalte erfolgen. Es mag ein Phänomen der Säkularisierung sein, dass die Suche nach neuen Lebensdeutungen zunehmend ausgeklammert wird. Die Schule zeigt sich überfordert bei der ihr von allen Seiten aufgebürdeten Last im Dickicht verschiedenster Erziehungsmodelle. Die Politik fühlt sich inmitten einer Vielzahl von Herausforderungen und Problemstellungen schlichtwegs nicht zuständig, an der Sinnfindung der Menschen mitzuwirken. Die Universitäten halten sich im Umgang mit den Erkenntnissen der Wissenschaften bei der Frage nach einer Standortbestimmung des Individuums heraus, und die Parteien bieten ein Bild zunehmender egomanischer Unattraktivität.
Von der Überforderung der Bildungsstätten Dafür brauchen wir Orte. Die Bücherei kann so ein Ort der Muße sein, wenn sie über die nötige Atmosphäre verfügt, bequeme Sitzmöglichkeiten hat, die einladen, sich auszuruhen, Abstand zu finden vom Alltag, einzutauchen in die Welt der Abenteuer der Literatur. Die Forderung nach Erziehung zur Muße heißt also von der Schule auf die Erwachsenenbildung übertragen: auf in die Büchereien! An diesen liegt es nun, ob es gelingt, den gestressten und gehetzten Menschen in eine Oase der inneren Ruhe eintauchen zu lassen und sich dem Buch auszuliefern. Hier können wir Benns „Gegenglück“ finden, den Helden des Feierabends begegnen, ein Stück Ewigkeit erahnen, unseren Horizont erweitern, Bildung als Dialog erleben, … – was auch immer.
Ein Appell |